Bei der Erwähnung einer Tesla-Spule oder eines Tesla-Transformators denken Viele sofort an die Elektroauto-Marke, die nach Nikola Tesla benannt wurde, einem Zeitgenossen und Rivalen von Thomas Edison. Und damit lägen sie sogar teilweise richtig. Teslas Erfindung des Wechselstroms ist zum weltweiten Standard für die Übertragung elektrischer Energie geworden, ohne den es heute vermutlich keine Elektrofahrzeuge gäbe. Die Fahrzeuge selbst verwenden jedoch keine Tesla-Spulen; diese sind allenfalls in Hochschullaboren und Wissenschaftsmuseen zu finden. Die Spulen waren Teslas kurzlebiger Versuch, eine offene drahtlose Technologie zu schaffen, mit der sich Energie ganz ohne Kabel rund um den Globus verteilen ließe.
Heute, ein Jahrhundert nach der Einführung des Wechselstroms, haben Forscher am Geek Group National Science Institute, einem wissenschaftlichen, technischen, ingenieurtechnischen und mathematischen Kollektiv in Grand Rapids, im US-Bundesstaat Michigan, Teslas Vision auf neue Anwendungsmöglichkeiten untersucht. Mit Hilfe von linearer Antriebstechnik von Thomson Industries haben sie ein ehrgeiziges Forschungs- und Experimentierprogramm ins Leben gerufen, das zu Nikola Teslas Lebzeiten undenkbar gewesen wäre. Ein Präzisions-Kugelgewindetrieb, von Thomson gesponsort, soll dem Hochenergieteam der Geek Group dabei helfen, die mehreren tausend Spulen, die voraussichtlich für die Experimente benötigt werden, zu wickeln.
Der Ausgangsgedanke einer Tesla-Spule ist Grundlagen-Physik: Strom, der durch einen Draht fließt, erzeugt ein Magnetfeld; ein wechselndes Magnetfeld um einen Draht erzeugt Strom; Kondensatoren und Induktoren speichern Energie und bilden einen Resonanzschwingkreis – ein elektrisches Pendel.
In einer Tesla-Spule wird eine Kondensatorbatterie von einer Stromquelle bis zu einer gemäßigten Spannung aufgeladen und dann durch einen Schalter mit einer wenige Wicklungen umfassenden ?Primärspule“ am Sockel der Einheit verbunden. Dadurch angeregt, fließt ein hoher Resonanz-Wechselstrom durch diese Spule, in dessen Folge ein großes Magnetfeld um eine deutlich größere ?Sekundärspule“ mit hoher Wicklungszahl entsteht.
Daraufhin beginnt in der Sekundärspule ein Strom zu fließen, der einen Kondensator zwischen der Kopfelektrode und der Erde lädt. Dieser Resonanzkreis schwingt und überträgt solange Strom zwischen den Spulen, bis entweder der Schalter geöffnet wird oder das Schwingen völlig abklingt. Nach dem Impuls kann ein korrekt abgestimmter weiterer Impuls die Schwingamplitude ansteigen lassen, bis größere Energieverluste in Form von Funken-, Lichtbogen- und Korona-Entladungen auftreten,
In einem üblichen Transformator liegen die Drähte eng zusammen und sind stark gekoppelt, sodass unter ungünstigen Umständen große Ströme zwischen ihnen fließen können. In einer Tesla-Spule ist diese enge Kopplung allerdings problematisch, da sie eine hohe Abhängigkeit vom Wicklungsverhältnis der Primär- und Sekundärspule bedeutet. Außerdem kann durch diese starke Kopplung der in der Sekundärspule gespeicherte Strom als Kriechstrom in die Primärspule zurückfließen. Indem die Möglichkeit einer Wechselwirkung der beiden Spulen deutlich reduziert wird, kann eine Tesla-Spule eine Schwingung mit Spannungsgrößen erreichen, die weit über denen eines klassisch berechneten Transformators liegen.
Viele der ursprünglichen Ziele, die Tesla mit seinen gleichnamigen Spulen erreichen wollte, wurden mittlerweile durch kostengünstigere, kompaktere und effizientere Erfindungen ersetzt. Heutzutage dienen sie im Wesentlichen reinen Anschauungszwecken und wissenschaftlichen Experimenten. Die Forscher der Geek Group sind jedoch davon überzeugt, dass die Tesla-Spulen ein enormes Potential bergen, das sich durch eine Feinabstimmung der Wicklungsstrategie ausschöpfen ließe. Chris Boden, CEO der Geek Group, geht daher davon aus, dass er die Spule durch Optimierung der Wicklungen verbessern kann, um so eine höhere Resonanzwirkung zu erreichen.
Tesla-Spule mit einer logarithmischen Schrägung auf dem Wickelautomaten
Das Geheimnis liegt in den Wicklungen
Für die meisten der heute genutzten Tesla-Spulen wird ein Kupferdraht per Hand um ein PVC-Rohr gewickelt, das den Luftspalt bildet. Insbesondere für kleine Anwendungen zu Schulungszwecken mit einer sekundären Spule, die nur 30 bis 60 cm in der Länge und 10 cm im Durchmesser misst, ist ein manuelles Wickeln durchaus möglich und empfehlenswert. Wenn jedoch mehrere tausend Spulen, einige davon bis zu 250 m lang, gewickelt werden müssen, wäre das nicht nur viel zu mühsam. Es würde auch an der Präzision mangeln, die Voraussetzung für eine perfekte Resonanzschwingung ist.
Ein Teil des Wickelvorgangs ist das Beschichten des Drahts mit Kunstharz oder Polyurethan, um die Wicklungen zu versiegeln und zu isolieren. Selbst geringste Mengen an Feuchtigkeit könnten hierbei das gesamte Experiment verfälschen. Am effektivsten ist der Beschichtungsvorgang, wenn er direkt beim Wickeln erfolgt, wobei die Beschichtung in Echtzeit trocknen und aushärten muss. Das heißt, die Spule muss sich bis zu eine Woche lang mit konstanter Geschwindigkeit drehen. Währenddessen müssen die Wicklungen gerade angeordnet werden und dürfen keine Lücken aufweisen, bis auf die im Experimentplan definierten. Je nach Art der Tests kann ein Experiment bis zu 20 exakte Duplikate erfordern. Ein derartig einheitliches Ergebnis lässt sich relativ einfach erzielen, solange die Wicklungen wie in den meisten heutigen Tesla-Spulen eng nebeneinander liegen. In Experimenten mit unterschiedlichen Abständen, wie die Geek Group sie plant, ist die Präzision der Wicklung jedoch ein entscheidender Faktor. Zu diesem Zweck bauen die Forscher der Geek Group einen speziellen Wickelautomaten – und an dieser Stelle kommt die moderne lineare Antriebstechnik ins Spiel.
Getriebe und Montageeinheit für den Gewindetrieb
Automatisiertes Wicklungsverfahren
Der Wickelautomat der Geek Group ist in der Lage, die langsame und gleichmäßige Bewegung durchzuführen, in der sich die Spule mehrere Tage lang bewegt. Der Schlüssel zu dieser hohen Genauigkeit wird ein 250 m langer Thomson Präzisions-Kugelgewindetrieb sein, der die rotatorische Bewegung eines Servomotors in eine lineare Bewegung umsetzt, mit der eine Drahtzuführung parallel zur Spule geführt wird. Eine Technologie zu finden, die den hohen Ansprüchen der Geek Group gerecht wird, war die Aufgabe des institut-eigenen Internet Relay Chat (IRC) Teams.
Metrischer Thomson Präzisions-Kugelgewindetrieb
?Wir haben unser IRC-Team damit beauftragt, die beste Linearantriebstechnologie der Branche zu finden“, erzählt Boden. ?Das IRC ist eine rund um die Uhr arbeitende Denkfabrik, zusammengesetzt aus ein paar hundert Experten aus den unterschiedlichsten wissenschaftlichen und technologischen Disziplinen. Es hat rund ein Dutzend verschiedene Produkte analysiert und ist dann zu dem Ergebnis gekommen, dass nur der Thomson-Antrieb genau das leistet, was wir brauchen – und auf eine Weise, wie wir es brauchen. Wir haben uns zunächst als potentielle Kunden an das Unternehmen gewandt und die Qualität des Kundensupports und die planungstechnische Unterstützung haben uns überzeugt.“
Ein Thomson-Supportingenieur hat das Team bei der Auswahl der Konfiguration unterstützt, die genau unseren Anforderungen entspricht. Das Produkt war ein Kugelgewindetrieb zum Schnelleinbau – so bezeichnet, da der Großteil der Montage und Konfiguration bereits im Werk erfolgt. Damit entfallen mögliche Präzisionsprobleme, die aus einer Montage der Komponenten vor Ort erwachsen könnten. Die endgültige Konfiguration bestand aus einer 243 cm langen Kugelgewindespindel mit knapp einem Zoll, also 2,5 cm Durchmesser.
Flanschmontierte Lagerblöcke stützen die Spindel an beiden Enden des Montagegestells ab, während die Gewindemutter die Drehbewegung eines Servomotors auf den Antriebsschlitten umsetzt. Der Schlitten ist an die Unterseite einer Stahlplatte geflanscht, die wiederum mit der Draht-Zuführbaugruppe verbunden ist.
Kugelgewindetriebe verwandeln rotatorische in lineare Bewegung und umgekehrt. Sie bestehen aus einer Kugelgewindespindel und einer Kugelgewindemutter. Beide zusammen bilden eine Baugruppe mit umlaufenden Lagerkugeln. Der Kontakt zwischen Spindel und Mutter erfolgt durch diese Lagerkugeln, die in passend geformten Rillen laufen. Dank dieser Wälzkörper weist ein Kugelgewindetrieb einen äußerst niedrigen Reibungsbeiwert auf, sodass der Wirkungsgrad üblicherweise bei über 90 % liegt. Da die übertragenen Kräfte über eine große Anzahl an Lagerkugeln verteilt werden, ist jede einzelne Kugel einer relativ geringen Belastung ausgesetzt. Der Wickelautomat wird vielfältige Experimente ermöglichen, um die Auswirkung zahlreicher unterschiedlicher Wicklungsstrategien auf das Magnetfeld an der Sekundärspule zu testen.
System aus Rollen und pneumatischen Betätigungseinheiten am Wicklungskopf-Steuersystem
So geht's weiter
Wenn alles wie geplant verläuft, wird die Spulenherstellung in diesem Monat beginnen. Außerdem plant die Geek Group in Zukunft weitere Experimente mit noch größeren Spulen. Werden die Forscher Nikola Teslas Vision am Ende realisieren? Werden sie neue Möglichkeiten der Tesla-Spule entdecken? In jedem Fall können wir sicher sein, dass das Hochenergiephysik-Team der Geek Group, deren 75.000 Online-Abonnenten, die mehr als 15 Millionen Aufrufe der Online-Videos und möglicherweise die gesamte Ingenieurwissenschaft am Ende sehr viel mehr über eine leistungsfähige und dennoch beinahe vergessene Technologie erfahren werden. Genauso sicher können wir sein, dass Thomson alles daran setzen wird, die Dinge nach vorne zu bewegen (und natürlich wieder zurück).